Die Klassifikationssysteme GICS (Global Industry Classification Standard) und ICB (Industry Classification Benchmark) zählen zu den weltweit wichtigsten Standards zur systematischen Einordnung börsennotierter Unternehmen. Beide Systeme verfolgen das Ziel, die wirtschaftliche Tätigkeit eines Unternehmens transparent, nachvollziehbar und vergleichbar abzubilden. 

Trotz dieses gemeinsamen Grundgedankens unterscheiden sie sich in ihrer Philosophie, ihrer Methodik und teils auch in ihrer praktischen Anwendung. Für Nutzer, die internationale Unternehmenslandschaften strukturiert erfassen möchten, lohnt sich daher ein genauerer Blick auf Gemeinsamkeiten, Unterschiede und ausgewählte Besonderheiten.

Das Wichtigste auf einen Blick

Ein kurzer Überblick über die wichtigsten Merkmale der führenden Branchenbenchmarks im Vergleich, sowie wesentliche Gemeinsamkeiten und Unterschiede. 

MerkmalGICS ICB 
HerkunftEntwickelt von MSCI & S&P; stark investoren- und indexgetriebenEntwickelt von FTSE / LSEG; stark börsen- und marktgetrieben
Regionale RelevanzGlobaler Standard, besonders dominant in Nordamerika und im internationalen ETF-UmfeldFührender Standard in Europa, insbesondere an LSEG-, Euronext- und FTSE-basierten Handelsplätzen
KlassifikationsphilosophieÖkonomisch-funktionale Sicht, Orientierung an Ertrags- und GeschäftsmodellprofilOperativ-funktionale Sicht, Orientierung an tatsächlicher Markt- und Geschäftstätigkeit
Strukturelle Ebenen4 Ebenen: Sectors → Industry Groups → Industries → Sub-Industries4 Ebenen: Industries → Supersectors → Sectors → Subsectors
Anzahl oberste Ebene11 Sectors11 Industries
Umgang mit MischkonzernenSchwerpunkt auf Umsatz-/Gewinnprofilen (ökonomische Gewichtung)Schwerpunkt auf operativer Tätigkeit und funktionalem Kerngeschäft
Zuweisung von Plattform- und DigitalmodellenTeilweise „technologielastig“ oder in Communication Services einsortiertStärkere Orientierung am operativen Output (z. B. E-Commerce → Retail)
Historische Besonderheiten2016: Immobilien als eigener Sektor; 2018: großer Umbau Tech/Kommunikation2020: umfassende Modernisierung, v. a. für Digitalwirtschaft
BranchentraditionenUS-geprägt: Technologie- und KommunikationsschwerpunkteEuropa-geprägt: Rohstoffe, Energie, Industrie historisch bedeutend
REIT-BehandlungEigener Immobiliensektor mit hoher SichtbarkeitGranularer, differenzierter, mehr interne Kategorien
AktualisierungslogikBedarfsorientierte Reformen zur Abbildung neuer Geschäftsmodelle & zur IndexbalancierungMarktnahe Anpassungen entsprechend Handelsplatz- und Branchentrends
Analytische EinsetzbarkeitFokus auf Zyklizität, Bewertungslogiken, KapitalflussanalysenFokus auf Marktsegmentlogik, Industrievergleiche und regionales Benchmarking


In a Nutshell

Gemeinsamkeiten

  • Mehrstufige Struktur: 
    Beide Systeme nutzen vier Hierarchieebenen (oberste Ebene → mehrere Unterstufen), um Branchen granular abzubilden.
  • Ziel der Vergleichbarkeit: 
    GICS und ICB sollen Unternehmen systematisch gruppieren, Peer-Gruppen definieren und sektorale Marktstrukturen sichtbar machen.
  • Breite Marktabdeckung: 
    Beide Systeme decken sämtliche wesentlichen Wirtschaftsbereiche ab – von Technologie über Energie bis zu Finanzdienstleistungen.
  • Regelmäßige Aktualisierung: 
    Sowohl GICS als auch ICB werden in unregelmäßigen Abständen überarbeitet, um technologische Entwicklungen und neue Geschäftsmodelle abzubilden.
  • Relevanz für Indexanbieter und Research: 
    Beide Klassifikationen bestimmen die Zusammensetzung zahlreicher Indizes und dienen für Analysten als Strukturierungs- und Benchmarking-Framework.
  • Internationale Nutzung: 
    Beide Standards werden global verwendet, wenn auch mit regionalen Schwerpunkten: GICS eher weltweit, ICB stärker in Europa.

Unterschiede

  • Philosophische Ausrichtung:
    • GICS: investorenlogisch, häufig ökonomisch orientiert (Ertragsprofile, Wachstumstreiber, Zyklizität).
    • ICB: operativ-logisch, stärker an der realen Tätigkeit am Markt orientiert.
  • Institutioneller Ursprung:
    • GICS von MSCI & S&P — klar index- und investorengetrieben.
    • ICB von FTSE/LSEG — stärker börsen- und marktorientiert.
  • Regionale Bedeutung:
    • GICS dominiert global, insbesondere in Nordamerika und im institutionellen ETF-/Indexbereich.
    • ICB ist Standard vieler europäischer Handelsplätze (u. a. LSEG, Euronext).
  • Umgang mit Mischkonzernen:
    • GICS legt oft Umsatz-/Gewichtungslogik zugrunde (ökonomischer Schwerpunkt).
    • ICB priorisiert die operative Tätigkeit oder Marktposition.
  • Behandlung neuer Geschäftsmodelle:
    • GICS neigt dazu, Plattformunternehmen in Kommunikations- oder Technologiebereiche zu verschieben.
    • ICB ordnet sie stärker nach dem operativen Output ein (z. B. Plattform → Retail).
  • Historische Branchentraditionen:
    • ICB reflektiert stärker europäische Industriestrukturen (Rohstoffe, Energie, Industriekonglomerate).
    • GICS bildet stärker US-geprägte Sektorenlogiken ab (Tech, Communication Services).
  • Immobilienklassifikation:
    • GICS hat Immobilien 2016 als eigenen Sektor abgetrennt.
    • ICB war traditionell granularer und differenzierter.

GICS® und ICB®sind eingetragene Marken ihrer jeweiligen Rechteinhaber. Die Bezeichnungen werden auf dieser Seite ausschließlich in einem beschreibenden und kontextbezogenen Sinne verwendet. Die Nutzung dient allein der sachlichen Einordnung, Erläuterung und Gegenüberstellung der jeweiligen Klassifikationssysteme sowie der damit verbundenen Methodiken. Eine kennzeichenmäßige Verwendung, eine wirtschaftliche Verwertung oder eine sonstige Nutzung mit Herkunfts- oder Zuordnungsfunktion findet nicht statt. Alle Markenschutz- und Urheberrechte verbleiben bei den jeweiligen Rechteinhabern. Weiterführende Hinweise zu Marken- und Urheberrechten finden sich im Impressum. 

Quellenangaben:

Stand: 09/2025